Zwischen Normativität, Kreativität, Gesellschaftskritik und Satire: Zu modernen Talmudparodien am Beispiel der Parodie „Massekhet Prohibition“ (1929)

Vortrag Prof.in Dr.in Regina Grundmann (Münster)

18.01.2017

Vortrag Prof.in Dr.in Regina Grundmann (Münster)

 

Mittwoch, 18.1.2017; Institut für Judaistik (Campus AKH); HS 1: 16.00h

 

Parodien des babylonischen Talmuds stellen ein kreatives Spiel mit der talmudischen Hermeneutik dar, das den Talmud mit aktuellen, zumeist politischen oder gesellschaftskritischen, Inhalten füllt und die talmudische Tradition dynamisch weiterentwickelt. Auf welche Weise solche Werke ihre Vorlagen in hermeneutischer, sprachlicher, inhaltlicher und formaler Hinsicht bis ins kleinste Detail parodieren können, wird in dem Vortrag am Beispiel der Talmudparodie Massekhet Prohibition gezeigt. Die 1929 in New York veröffentlichte Parodie zeichnet auf unterhaltsame Weise ein schonungsloses Bild der amerikanischen Gesellschaft zur Zeit der Prohibition und lässt normative religiöse Diskursformen eine kreative Symbiose mit Gesellschaftskritik, Humor und Satire eingehen.

 

Zur Person:

Regina Grundmann ist seit 2015 Professorin für Judaistik am Centrum für Religiöse Studien der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Projektleiterin im Exzellenzcluster „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und der Moderne“.

Nach ihrem Studium der Jüdischen Studien, der Neueren Deutschen Literaturwissenschaft und der Romanischen Philologie in Düsseldorf und Bochum wurde sie 2007 in Bochum mit einer judaistisch-germanistischen Arbeit über den Einfluss der Wissenschaft des Judentums auf Heinrich Heine und seine Transformation der jüdischen Tradition im Zeichen der Säkularisierung promoviert. Anschließend arbeitete sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem DFG-Projekt „Der Renaissance-Prediger Judah Moscato: Kulturtransfer im neuen Stil“, bevor sie 2009 den Ruf auf eine Juniorprofessur in Münster annahm. Ihre Promotion wurde durch ein Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördert. Sie war Feodor Lynen-Forschungsstipendiatin an der Ben Gurion Universität des Negev, Beer Sheva, Israel.

Ihr Interesse gilt den Epochen und Kulturräume übergreifenden Prozessen der Traditionsfortschreibung im Judentum, die sie aus literatur- und kulturwissenschaftlicher Perspektive untersucht. Zu ihren aktuellen Forschungsschwerpunkten gehören die Dialektik von Tradition und Traditionskritik im Judentum, jüdische Martyriumsvorstellungen, der Traditionstransfer zwischen Islam und Judentum und die rabbinische Hermeneutik. In dem von ihr geleiteten Projekt des Exzellenzclusters Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und der Moderne untersucht sie die diskursive Legitimierung und Delegitimierung von Gewalt im antiken Judentum.